Einladung zum Schiedsmann erhalten? Viele Menschen sind unsicher, wie sie sich in dieser Situation verhalten sollen. Ein Schiedsverfahren ist eine hervorragende Möglichkeit, Konflikte außergerichtlich und kostengünstig zu lösen. Es erfordert jedoch ein gewisses Maß an Vorbereitung und das richtige Verhalten während des Termins. Dieser Artikel beleuchtet detailliert, wie verhalte ich mich beim Schiedsmann, um eine möglichst positive und konstruktive Einigung zu erzielen.
1. Die umfassende Vorbereitung ist das A und O
Der erste Schritt zu einem erfolgreichen Schiedsverfahren ist eine gründliche Vorbereitung. Nehmen Sie den Termin ernst und sammeln Sie alle relevanten Informationen und Unterlagen. Dies gibt Ihnen Sicherheit und ermöglicht es Ihnen, Ihren Standpunkt klar und präzise darzulegen.
- Sammeln Sie Fakten und Beweise: Dokumentieren Sie den Sachverhalt chronologisch. Fotos, E-Mails, Briefe, Notizen von Telefonaten oder Zeugenaussagen (Name, Adresse, kurze Schilderung) können entscheidend sein. Je mehr objektive Belege Sie haben, desto besser können Sie Ihre Argumente untermauern. Wenn es beispielsweise um Lärmbelästigung geht, sind Lärmprotokolle mit Datum, Uhrzeit und Art des Lärms sehr hilfreich. Bei Sachschäden können Vorher-Nachher-Bilder oder Kostenvoranschläge nützlich sein.
- Formulieren Sie Ihr Anliegen präzise: Schreiben Sie kurz und bündig auf, worum es geht und was Ihr Ziel ist. Was genau stört Sie? Was erwarten Sie vom anderen Beteiligten? Eine klare Vorstellung Ihrer Wunschlösung, aber auch von möglichen Kompromissen, ist wichtig. Ist es eine Entschuldigung, die Unterlassung eines bestimmten Verhaltens, eine finanzielle Wiedergutmachung oder die Wiederherstellung eines Zustandes?
- Überlegen Sie sich mögliche Kompromisse: Ein Schiedsverfahren lebt von der Bereitschaft zur Einigung. Gehen Sie nicht mit einer "Alles-oder-Nichts"-Haltung in den Termin. Überlegen Sie sich im Voraus, welche Zugeständnisse Sie bereit wären zu machen und welche Gegenvorschläge für Sie denkbar wären. Dies zeigt Ihre Verhandlungsbereitschaft und kann den Prozess beschleunigen.
- Informieren Sie sich über das Schiedsamt: Der Schiedsmann oder die Schiedsfrau ist eine ehrenamtliche Person, die versucht, zwischen den Parteien zu vermitteln. Es ist kein Gerichtstermin im klassischen Sinne, sondern ein Einigungsversuch. Das Verständnis dieser Rolle hilft Ihnen, Ihre Erwartungen anzupassen und sich entsprechend zu verhalten.
2. Während der Verhandlung: Ruhe bewahren und sachlich bleiben
Der Termin beim Schiedsmann kann emotional aufwühlend sein, insbesondere wenn es sich um langwierige oder persönliche Konflikte handelt. Dennoch ist es entscheidend, einen kühlen Kopf zu bewahren. Ihr Verhalten beeinflusst maßgeblich den Verlauf und Ausgang des Verfahrens.
- Pünktlichkeit und angemessene Kleidung: Erscheinen Sie pünktlich zum Termin. Dies ist ein Zeichen von Respekt gegenüber dem Schiedsmann und der Gegenpartei. Eine gepflegte, aber nicht übertriebene Kleidung unterstreicht die Ernsthaftigkeit Ihres Anliegens.
- Respektvoller Umgangston: Sprechen Sie den Schiedsmann und die Gegenpartei stets höflich und respektvoll an. Vermeiden Sie persönliche Angriffe, Beleidigungen oder Vorwürfe, selbst wenn die Situation angespannt ist. Konzentrieren Sie sich auf den Sachverhalt. Beginnen Sie nicht mit Anschuldigungen, sondern schildern Sie die Situation aus Ihrer Perspektive.
- Aktives Zuhören: Lassen Sie die Gegenseite ausreden, auch wenn Sie deren Ausführungen nicht zustimmen. Unterbrechen Sie nicht. Zeigen Sie, dass Sie bereit sind, die Sichtweise des anderen anzuhören. Dies ist ein Grundpfeiler jeder erfolgreichen Mediation und erhöht die Chancen auf eine gemeinsame Lösung. Der Schiedsmann wird Sie ohnehin dazu auffordern, Ihre eigene Sichtweise darzulegen.
- Bleiben Sie bei den Fakten: Schildern Sie Ihren Standpunkt klar, präzise und möglichst objektiv. Vermeiden Sie Übertreibungen oder Spekulationen. Bleiben Sie bei dem, was Sie beweisen können oder was tatsächlich passiert ist. Emotionale Ausbrüche sind kontraproduktiv und lenken vom eigentlichen Problem ab. Wenn Sie sich auf Fakten konzentrieren, erleichtern Sie dem Schiedsmann die Aufgabe, eine neutrale Vermittlung zu finden.
- Sprechen Sie den Schiedsmann direkt an: Richten Sie Ihre Argumente und Fragen in der Regel an den Schiedsmann und nicht direkt an die Gegenpartei. Der Schiedsmann agiert als neutraler Moderator und leitet das Gespräch. Er wird sicherstellen, dass jede Partei die Möglichkeit erhält, ihre Sichtweise darzulegen und Fragen zu stellen.
3. Deine Rolle als Beteiligter: Offenheit für Lösungen
Im Schiedsverfahren sind Sie nicht nur ein Kläger oder Beklagter, sondern ein aktiver Teilnehmer an der Konfliktlösung. Ihre Haltung zur Einigung ist dabei entscheidend. Es geht darum, eine zukunftsgerichtete Lösung zu finden, nicht darum, Recht zu bekommen oder die Gegenseite zu besiegen.
- Seien Sie gesprächsbereit und lösungsorientiert: Das Ziel des Schiedsverfahrens ist eine gütliche Einigung. Wenn Sie nur auf Ihrem Standpunkt beharren und keine Bereitschaft zeigen, sich zu bewegen, wird eine Lösung schwer. Zeigen Sie sich offen für Vorschläge des Schiedsmanns und der Gegenpartei. Manchmal liegt die beste Lösung in einem kreativen Kompromiss, den keine der Parteien ursprünglich in Betracht gezogen hat.
- Erklären Sie Ihre Beweggründe: Es kann hilfreich sein, nicht nur zu sagen, was Sie stört, sondern auch, warum es Sie stört. Wenn die Gegenseite versteht, welche Auswirkungen ihr Verhalten auf Sie hat, kann dies zu mehr Verständnis führen. Beispiel: Statt nur "Ihr Hund bellt immer!" zu sagen, erklären Sie "Ihr Hund bellt jeden Morgen um 6 Uhr, und das weckt meine Kinder, die dann den ganzen Tag müde sind."
- Geben Sie dem Schiedsmann Zeit und Raum: Der Schiedsmann wird versuchen, die verschiedenen Standpunkte zu verstehen und gemeinsame Interessen zu identifizieren. Manchmal sind Einzelgespräche mit den Parteien (sogenannte Caucuses) notwendig, um Spannungen abzubauen oder vertrauliche Informationen zu besprechen. Vertrauen Sie dem Prozess und der Erfahrung des Schiedsmanns.
4. Der Schiedsmann als neutraler Vermittler
Um optimal zu verstehen, wie verhalte ich mich beim Schiedsmann, ist es wichtig, die Rolle des Schiedsmanns selbst zu kennen. Er ist kein Richter und fällt kein Urteil im juristischen Sinne. Seine Aufgabe ist es, eine Atmosphäre zu schaffen, in der eine einvernehmliche Lösung gefunden werden kann.
- Unparteilichkeit und Neutralität: Der Schiedsmann ist zur Neutralität verpflichtet. Er ergreift keine Partei und bewertet nicht, wer "Recht" hat. Seine Aufgabe ist es, beide Seiten anzuhören, die Kommunikation zu fördern und bei der Entwicklung von Lösungsvorschlägen zu helfen. Er ist weder Ihr Anwalt noch der Anwalt der Gegenpartei.
- Förderer der Kommunikation: Oft scheitert die direkte Kommunikation zwischen Konfliktparteien, weil Emotionen hochkochen oder Missverständnisse entstehen. Der Schiedsmann hilft dabei, diese Kommunikationsblockaden zu überwinden, indem er das Gespräch strukturiert und moderiert. Er stellt sicher, dass jede Partei gehört wird und ihre Anliegen vorbringen kann.
- Vorschläge und Denkanstöße: Der Schiedsmann kann auf Basis der geschilderten Sachverhalte und der geltenden Gesetzeslage (z.B. Nachbarrecht) Vorschläge unterbreiten oder Denkanstöße geben. Diese sind jedoch nicht bindend, sondern dienen als Basis für eine mögliche Einigung. Die endgültige Lösung muss von den Parteien selbst erarbeitet und akzeptiert werden.
- Protokollierung der Einigung: Wird eine Einigung erzielt, wird diese in einem Vergleichsprotokoll festgehalten. Dieses Protokoll ist rechtsverbindlich und kann bei Nichterfüllung gerichtlich vollstreckt werden. Der Schiedsmann sorgt dafür, dass die Vereinbarung klar und unmissverständlich formuliert wird.
5. Nach der Verhandlung: Was nun?
Das Schiedsverfahren endet entweder mit einer Einigung oder mit einem Scheitern der Vermittlung. Ihr Verhalten nach dem Termin ist genauso wichtig wie das davor und währenddessen.
- Bei einer Einigung: Haben Sie einen Vergleich unterschrieben, halten Sie sich unbedingt an die getroffenen Vereinbarungen. Eine Nichteinhaltung würde das Vertrauen zerstören und könnte die Gegenseite dazu veranlassen, den Vergleich gerichtlich vollstrecken zu lassen oder ein neues Verfahren einzuleiten. Die erfolgreiche Umsetzung der Vereinbarung ist der Beweis für die Wirksamkeit des Schiedsverfahrens.
- Bei keiner Einigung: Sollte keine Einigung erzielt werden können, stellt der Schiedsmann eine sogenannte Erfolglosigkeitsbescheinigung aus. Mit dieser Bescheinigung steht Ihnen der Weg zu den ordentlichen Gerichten offen. In vielen Bundesländern ist der Schlichtungsversuch durch einen Schiedsmann sogar zwingend vorgeschrieben, bevor eine Klage in bestimmten zivilrechtlichen Streitigkeiten (z.B. Nachbarschaftsstreitigkeiten) eingereicht werden kann. Wägen Sie ab, ob sich der Gang vor Gericht für Sie lohnt, sowohl finanziell als auch emotional. Manchmal kann eine erneute Kontaktaufnahme nach einiger Zeit oder ein weiterer Mediationsversuch sinnvoll sein, wenn die Gemüter sich etwas beruhigt haben.
- Reflexion: Unabhängig vom Ausgang ist es hilfreich, das Schiedsverfahren zu reflektieren. Was lief gut? Was könnte man beim nächsten Mal anders machen? Auch wenn keine Einigung erzielt wurde, haben Sie vielleicht neue Einblicke in die Perspektive der anderen Partei gewonnen.
6. Typische Anwendungsfälle für Schiedsverfahren
Schiedsverfahren sind besonders effektiv bei bestimmten Arten von Konflikten, die oft eine persönliche Dimension haben und bei denen die Fortsetzung einer guten Nachbarschaft oder Beziehung wichtig ist. Wenn Sie sich fragen, wie verhalte ich mich beim Schiedsmann, ist es gut zu wissen, in welchen Kontexten dies typisch ist.
- Nachbarschaftsstreitigkeiten: Dies ist der häufigste Anwendungsbereich. Ob es um überhängende Äste, Lärmbelästigung (bellende Hunde, laute Musik, Kinderlärm zu ungewöhnlichen Zeiten), Gerüche vom Grillen, Grenzabstände von Bäumen und Zäunen oder die Nutzung gemeinsamer Wege geht - Schiedsmänner sind hier die erste Anlaufstelle. Ein Schiedsverfahren kann hier oft nachhaltigere Lösungen schaffen als ein Gerichtsverfahren, da es auf Konsens und nicht auf Urteil basiert, was die zukünftige Koexistenz erleichtert.
- Geringfügige zivilrechtliche Streitigkeiten: Dazu gehören kleinere Forderungen aus Kaufverträgen, Dienstleistungen oder Mietverhältnissen, bei denen es um überschaubare Summen geht. Ein Beispiel wäre ein Streit um die Rückzahlung eines kleinen Darlehens zwischen Freunden oder eine Reklamation, die nicht vom Händler akzeptiert wird.
- Beleidigungen und leichte Körperverletzungen: Bei bestimmten Delikten, die unter das Privatklagedelikt fallen, wie Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung oder leichte Körperverletzung, ist ein Schiedsverfahren in vielen Fällen ebenfalls vorgeschaltet, bevor eine Privatklage bei Gericht eingereicht werden kann. Hier geht es oft darum, eine Entschuldigung oder einen kleinen Schadensersatz zu erwirken und den Streit nicht weiter eskalieren zu lassen.
- Streitigkeiten innerhalb von Vereinen: Auch hier können Schiedsmänner bei der Lösung interner Konflikte helfen, um den Fortbestand des Vereinsfriedens zu sichern und teure Gerichtsverfahren zu vermeiden.
In all diesen Fällen bietet das Schiedsverfahren eine niedrigschwellige, kostengünstige und oft schnellere Alternative zum Gericht. Ihre Bereitschaft zur Kooperation und ein angemessenes Verhalten sind dabei der Schlüssel zum Erfolg.